Was bin ich?

Warum bin ich reformiert?
Nicht ohne den Kirchenrat! Das ist mein Motto im Pastorinnenalltag. Zwar bin ich die Vorsitzende des Eddigehäuser und des Reyershäuser Kirchenrates, doch über die Geschicke der Gemeinden, in denen ich meinen Dienst tue, wird in diesen Gremien in demokratischer Abstimmung nach manchmal umfangreichen Überlegungen und Diskussionen entschieden. In der reformierten Kirche werden alle Entscheidungsprozesse von Gremien ausgeführt. Dies bedeutet für mich eine Entlastung in meinem Amt, da ich die Verantwortung für die Gemeinden mit mehreren Menschen teile. Es ist, im besten Sinne, eine Kirche von unten.
Viele Menschen empfinden den reformierten Gottesdienst als zu kopflastig, nicht sinnlich genug. Für mich stimmt das nur zum Teil. Klar, es ist alles auf die Predigt ausgerichtet; Gebete, Lieder und Lesungstext führen thematisch auf die Predigt hin oder tragen ihren Gedanken weiter.
Dennoch sehe ich den schlichten reformierten Gottesdienstablauf als eine Struktur an, die ich mit Leben füllen kann. Mal rankt sich ein Regenbogen von der Empore, mal verteile ich ein Bild von Chagall, das wir gemeinsam betrachten, mal hören wir gemeinsam einen Popsong oder die Konfis bringen ein Kunstwerk ein, das sie selbst gestaltet haben. In einem schlichten reformierten Gottesdienst strahlen diese sinnlichen Elemente dann besonders hervor. Sie scheinen auf, verweilen einen Moment, werden aber auch wieder entfernt.
Abendmahl feiern wir mit richtigem Brot, das wir riechen, fühlen, schmecken und kauen können, der Bezug zum Letzten Abendmahl Christi ist für mich da deutlich spürbarer als bei einer Oblate.
Das Sinnliche hat also seinen Platz in unseren Gottesdiensten, ohne dass es aber die Bedeutung des gepredigten Wortes schmälert.
Pastorin Christina Klasink

Warum bin ich lutherisch?
Ich arbeite in einer evangelischen Kirchengemeinde und trotzdem bin ich immer noch Pastor in der evangelischen-lutherischen Landeskirche Hannovers.
Ja, warum bin ich Lutheraner? Zuerst einmal, weil meine Eltern mich in einer lutherischen Kirche taufen haben lassen. Damit gehörte ich der lutherischen Kirche an und bin in ihr gerne aufgewachsen. Später im Studium habe ich mich in die Liste der Studierenden der Landeskirche aufnehmen lassen. Waren das nun bewusste Entscheidungen meinerseits? Ja, denn schon in meiner Jugendarbeit und später im Studium ist mir die Begegnung mit Martin Luther selbst, mit seiner Person und Theologie, wichtig gewesen. Luther ist für mich nicht ein Held oder Heiliger, sondern eher ein Mensch, der vieles in Bewegung gebracht, der die Bibel den Menschen nahe gebracht hat und der mich immer wieder ermutigt, mich zu hinterfragen. Ich bin bis heute Lutheraner, auch wenn ich weiß, dass auch Martin Luther Schattenseiten hatte. Ich kann nicht seine späten Schriften gegen die Juden oder gegen den Bauernaufstand oder gegen die Täufer widerspruchsfrei übernehmen. Ich bin dankbar, dass Luther die Reformation eingeleitet hat, denn seine ganz persönliche Frage „Wie kriege ich einen gnädigen Gott“ hat für ihn eine Sinnfrage ausgelöst. Aber: Wer fragt heute noch so? Ich denke, die Frage nach Gott in einer säkularisierten Welt lässt mich auch neu nach dem Grund und Sinn meines Lebens fragen.
Ja, ich halte an Luthers Rechtfertigungsbotschaft fest, dass der Mensch vor Gott nicht auf Grund seiner Werke, sondern allein aus Gnade gerechtfertigt werde. In unserer expansiven Leistungsgesellschaft droht der Mensch jeweils nur so viel zu gelten, wie er leistet. Damit aber wird der Wert und Sinn eines Menschenlebens auf seinen Nutzen und Zweck reduziert und das hat Folgen. Luther macht für mich deutlich, dass der Mensch durch seine Werke niemals zur endgültigen Bestätigung seines Ichs, zu einer Stärkung seines Selbstwertes gelangt. Die entgegengebrachte Liebe, die Liebe Gottes, befreit. Luther hat mit seinem Schriftverständnis zu einem unbefangenen Umgang mit der Bibel die Bahn freigemacht und doch halten wir an den Bekenntnisschriften der ev.-luth. Kirche fest, denn christlicher Glaube ist bekennender Glaube. Die Bekenntnisschriften sind ein Wesensmerkmal meiner Kirche.
Ja, ich bin Lutheraner und Protestant, weil ich für das Leben und die Welt Verantwortung trage. Vielleicht würde ich meiner lutherischen Kirche mehr wünschen – wie bei den reformierten Kirchen – ein „prophetisches Wächteramt“ in der Gesellschaft wahrzunehmen.
Ich bleibe Lutheraner, aber ich träume von einer Kirche in Zukunft, in der Vielfalt nicht Mangel, sondern Reichtum bedeutet, denn was uns unterscheidet, muss nicht trennen. Und ich mag geistliche Lieder und liturgische Gesänge und Bilder als Anregung für den persönlichen Glauben, die ebenfalls zum Luthertum gehören.
Pastor Uwe Völker

Warum bin ich katholisch?
Warum ich gerne katholisch bin.

  • Wegen des Karnevals! OK - nicht ganz ernst gemeint, aber ohne Fastenzeit gäbe es den Karneval nicht.
  • „Sinn und Sinnlichkeit“. Ich liebe die Fastenzeit, wenn man körperlich spürt, es geht auf die Karwoche zu, undden Kontrast des Karnevals. Vor allem aber liebe ich eine Liturgie mit allen Sinnen: eine großartige Vertonung der Messe, aber auch die Schlichtheit eines gregorianischen Chorals. Ich liebe liturgische Farben, Weihrauch, Kerzen, Weihwasser. Äußerlichkeiten? Ja, aber sie führen zum Geist, zum Geistlichen, zu Gott.
  • Die Sakramente. Zwei möchte ich hervorheben:das Bußsakrament (Beichte)und die Krankensalbung. Luther hat Zeitseines Lebens gebeichtet. Das Bußsakramentoder Sakrament der Versöhnung istein Segen. Oft war es eine Karikatur seinerselbst und Herrschaftsinstrument. Aberes ist die Möglichkeit, Vergebung auch dann zugesprochen zu bekommen, wennVersöhnung sonst nicht möglich ist. Undmanchmal brauchen Menschen genau diesenZuspruch. Gott sei Dank haben wir gelernt: Gott vergibt unsere Sünden, wennwir ihn darum bitten - nicht nur in derBeichte. Krankensalbung ist eine Berührung Gottes, wenn ich geistig oder körperlich oder durch das Alter bedingt keineKraft mehr habe, wenn eine Krankheitstärker ist als ich.
  • Der Papst. Ein Amt und Symbol derEinheit ist wichtig. Papst Franziskus machtdeutlich, wie dieses Amt aussehen könnte,und wenn er könnte, wie er wollte, sähe esnoch ganz anders aus. Was sonst noch dazugehört - na ja, das muss man nichtunbedingt alles haben. Aber, damit hängt zusammen: Teil einer Weltkirche zu sein. Egal wo ich bin, die Liturgie ist in der Grundstruktur überall gleich und überall fühle ich mich in einer katholischen Kirche (in einer evangelischen auch, aber anders) zu Hause. Ich denke z.B. an eine Messe in Israel, hebräische Messe mit einem französischen Priester aus dem Iran.
  • Katholizität: Es gibt sehr unterschiedliche Erscheinungsformen der katholischen Kirche. Die unierten Ostkirchen mit byzantinischerLiturgie, verheirateten Priestern und anderen Besonderheiten oder in der 3. Welt lebendige Basisgemeinden, ohne Priester, Strukturen und Geld usw. Und sie alle gehören zusammen. Man muss nur lernen, Unterschiede und Verschiedenheit auszuhalten und trotzdem ein  Zusammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln. Ich bin gern katholisch und fühle mich doch verbunden mit allen Christinnen und Christen, die anders glauben, anderes glauben, ihren Glauben ganz anders feiern und leben. Entscheidend ist doch: Wir alle zusammen sind die eine Kirche Jesu Christi.

Pfarrer Hans R. Haase

Warum bin ich reformert?
Julia Meincke ist langjähriges Mitglied im Eddighäuser Kirchenrat und 1. stellvertretende Vorsitzende. Ihre Schwerpunkte sind Bau, Diakonie und Kitaangelegenheiten.
Ich bin in einer reformierten Kirchengemeinde aufgewachsen und reformiert konfirmiert. In Ostfriesland ist es nicht besonders schwer, reformiert zu sein, die Gegend ist reformiert geprägt.
Mir gefällt, dass man in unserer Kirche versucht, Hierarchien zu vermeiden. Die Gremien bauen aufeinander auf und es werden jeweils Abgeordnete entsandt, auf die dann auch gehört wird. In der lutherischen Kirche gibt es durchaus Weisungsbefugnisse, die wir eben nicht haben. Unsere Struktur kann auch manchmal Nachteile haben: Entscheidungen können unheimlich lange dauern, weil sie erst durch die Gremien wandern müssen. Das ist ein Nachteil in der Verwaltung. Aber für mich überwiegt da das Gefühl: Ich bin als Reformierte Gleiche unter Gleichen. Selbst unserem Kirchenpräsidenten kann ich auf Augenhöhe begegnen, auch wenn ich keine theologische Ausbildung habe wie er.
Mein Mann ist ja im Herzen katholisch, weil er katholisch erzogen wurde. Im Urlaub gehen wir gern in verschiedene Kirchen, um sie zu besichtigen. Und das, was ihm gefällt, dieses Überladene, das gefällt mir überhaupt nicht. Ich schätze diese Nüchternheit im Kirchraum. Dass man in einer reformierten Kirche so auf das  Wort geworfen wird, dass da auch gesungen wird, aber sonst nicht viel ist, das fordert einen heraus, sich auf das Gehörte zu konzentrieren.
Im Bezug auf das Abendmahl gefällt mir diese praktische, bodenständige Ansicht, dass das Abendmahl an einem Abendmahlstisch stattfindet. Es ist kein Altar. In vielen reformierten Kirchen sieht der wie ein Küchentisch aus, so wie in der Gemeinde Möhlenwarf in Ostfriesland: Ein Tisch mit Schubladen, wo man die Utensilien für die Gottesdienste lagert. Man kann diesen Tisch nach Bedarf mit zwei Platten ausziehen. Das Wissen über die eigene Konfession ist für mich etwas, was mir zeigt, wo die eigene Heimat ist, es trennt mich aber nicht von den anderen. Mir gefällt zum Beispiel unsere Plesseliturgie gut, in der wir auch Elemente haben, die lutherisch sind. Zum Gebet aufzustehen ist eine Ehrerbietung. Auch dass wir regelmäßig Kerzen verwenden ist ja ursprünglich nicht reformiert. Doch ich finde das wichtig; für mich symbolisiert das Anzünden der Kerzen unsere Verbindung zu Gott. Klar, Gott ist immer da, aber beim Anzünden der Kerzen wird uns das besonders bewusst. Auch am Ewigkeitssonntag werden zum Totengedenken Kerzen aufgestellt und die Namen verlesen.
Ich weiß, warum wir Reformierten diese Schlichtheit praktizieren und so wenig Symbole und Rituale haben. Aber bei anderen Konfessionen kann ich Gesten und Rituale anerkennen, die mir bewusst machen, dass es da um den Respekt vor Gott geht.
Julia Meincke

Warum bin ich Lutheraner?
Harm Adam ist langjähriges Mitglied im Bovenden Kirchenrat. Seine Schwerpunkte sind Bau und Finanzangelegenheiten
Auf ihre Frage erwartet die Redaktion des Gemeindebriefs eine kurze Stellungnahme. Doch möchte ich es nicht bei dem schlichten Hinweis, in eine in Gemeinden der hannoverschen Landeskirche aktive Familie hineingeboren worden zu sein, bewenden lassen. Prägend ist die Herkunft und die christliche Erziehung allerdings schon. Denn mein Vater war bis zu seinem frühen Tod nebenberuflich Kirchenmusiker; meine Mutter und meine Patentante haben in Kirchenvorständen die Geschicke ihrer Gemeinden mitbestimmt. Das hat "abgefärbt". Schon früh gingen wir Kinder mehr oder weniger regelmäßig zum Kindergottesdienst und haben uns für den Ablauf eines "lutherischen Gottesdienstes" begeistern lassen.
Eine andere frühe Leidenschaft war Geschichte. So habe ich mich mit der Reformation befasst und mir Luthers Theologie, aber auch das von Melanchthon verfasste Augsburger Bekenntnis, persönlich zu Eigen gemacht Denn die Frage nach dem gnädigen Gott ist doch letztendlich die Frage nach dem Sinn unseres Lebens. Neben Luthers Rechtfertigungslehre hat mir in der politischen Auseinandersetzung die Zwei-Reiche-Lehre Halt gegeben, nicht das "Paradies auf Erden" erstreiten zu wollen. Im Abendmahlsstreit überzeugen mich bis heute Luthers Gedanken zur Realpräsenz mehr als das eher symbolische Verständnis der Reformierten.
All das darf nicht trennen, und so freue ich mich über die bei uns praktizierte innerprotestantische Ökumene Genauso wie die ständige Zusammenarbeit mit unseren römisch-katholischen Schwestern und Brüdern. Unser "Bovender Modell" mag langfristig als Vorbild für eine "Evangelische Kirche Niedersachsens" dienen, in der die konfessionellen Besonderheiten durch organisatorische Weichenstellungen angemessen gespiegelt werden könnten.
Harm Adam

Zur katolischen Kirche zu gehören, das bedeutet für mich:
Ich bin ein Teil einer erdumspannenden Gemeinschaft, der Gemeinschaft der Glaubenden. Ich bin nicht allein. Das erfahre ich in all den Gruppen, die mich in meinem Leben begleitet haben: Schülergruppen, Studentengruppen, Kirchenchöre, Bibelgruppen, Frauengruppen, Ökumene-Gruppen bis heute. Die Kontakte sind dauerhaft geblieben und waren und sind noch immer wohltuend und bereichernd. Ich erfahre diese Gemeinschaft aber auch in unseren Gottesdiensten. Die festen Riten in der hl. Messe, die sowohl die Sinne und das Herz als auch den Kopf ansprechen, lassen mich dort "zu Hause fühlen", wo immer gefeiert wird. Eine gute sprachliche Verkündigung ist ein wichtiges Geschenk, aber sie ist nicht notwendig. Der Gottesdienst kann in einer fremdem und völlig unverständlichen Sprache sein, ich kann Hörprobleme haben oder ich kann mal aus Krankheitsgründen nicht alles geistig verfolgen, und trotzdem kann ich voll und ganz an der Liturgie teilnehmen!
Es kommt noch etwas Wichtiges hinzu: Ich bin in meiner Kirche nicht nur in der Gemeinschaft der Glaubenden, sondern auch in der Gemeinschaft der Heiligen! Was bedeutet mir diese Gemeinschaft? Für mich heißt das: Ich bin auch in einer lebendigen Beziehung zu Menschen, die uns in das ewige Leben vorausgegangen sind. Viele von ihnen haben in sehr außergewöhnlicher oder vorbildlicher Weise bis zum Tod auf Gott vertraut, und da ich mit ihnen im Glauben verbunden bin, auch wenn ich sie nicht persönlich gekannt habe, ist diese Verbindung ein unbeschreiblicher geistlicher Reichtum und eine große Hilfe für mich!
In der Hierarchie meiner Kirche ist es leider an vielen Stellen nicht so, wie ich es mir ( z. B. als Frau!) wünsche. Das stört mich allmählich immer weniger, denn meine Erfahrung hat mich gelehrt, daß nicht alle Menschen perfekt und fehlerlos sein können. Perfekt und fehlerlos bin ich ja auch nicht. Trotzdem gehöre ich zu dieser Kirche, und dafür bin ich sehr dankbar!
Inge Kahle

Unser Vater... oder Vater unser... reformiert oder lutherisch
Das Bovender Modell
Immer wieder kommt es vor, dass Neubürger im Rathaus gefragt werden, welcher Konfession sie zugehörig sind. Viele antworten dann, sie seien evangelisch. Aber damit ist es nicht genug, denn das Einwohnermeldeamt möchte wissen: sind sie reformiert oder lutherisch. Viele können eine eindeutige Antwort nicht geben, denn ab dem Bundesland Hessen gibt es sog. „Unierte Kirchen“, d.h. dort haben sich evangelische Konfessionen zu einer evangelischen Kirche zusammengeschlossen. Auch hier in den Plessegemeinden ist das so.
Neben der Einführung des evangelischen Bekenntnisses durch Petrus Wertheim im Jahre 1536 hat die sogenannte „zweite Reformation“ am Anfang des 17. Jahrhunderts besondere Bedeutung. Damals setzte der Landgraf von Hessen das reformierte Bekenntnis gewaltsam durch, nachdem die ersten Jahrzehnte vom lutherischen Bekenntnis bestimmt gewesen waren. Denn es galt damals der Grundsatz: „cuius regio, eius religio“ (wer die Herrschaft hat, bestimmt die Religion). Obwohl die Kirchengemeinden in der Herrschaft Plesse einer reformierten Landeskirche angehören, ist der Wunsch lebendig geblieben, mit lutherischen und reformierten Traditionen gemeinsam evangelisch zu sein. Das gute Miteinander leben die Kirchengemeinden Bovenden, Eddigehausen, Reyershausen und Angerstein seit 1971 im „Bovender Modell“. Es schließt Reformierte und Lutheraner auf der Grundlage eines Vertrages in der Gemeinde zusammen. Auch wenn die Gemeinden rechtlich nach der Ordnung der evangelisch- reformierten Kirchenverfassung arbeiten, so entsendet jedoch die lutherische Landeskirche einen Pastor in die Gemeinde.
Vielleicht sind die Unterschiede der Konfessionen vielen nicht mehr so geläufig, vielleicht weiß man, dass die Lutheraner sich auf Martin Luther beziehen und die Reformierten auf Calvin und Zwingli, dass das Bäffchen am Talar bei den Reformierten geschlossen und bei den Lutheranern offen ist, aber über allem sollte doch der reformatorische Grundsatz stehen: „sola scriptura“(allein die hl. Schrift/Bibel) ist die Basis des Glaubens. Ich glaube, das „Modell Bovenden“ kann die Zukunft der evangelischen Kirche sein. Ich träume von einer Kirche, in der Vielfalt nicht Mangel, sondern Reichtum bedeutet, denn was unterscheidet, muss nicht trennen.
Pastor Uwe Völker

Abendmahlsverständnis bei den Katholiken, Lutheranern und Reformierten
Das Abendmahl ist ein Sakrament und das Wort bedeutet „Glaubensgeheimnis“, worin schon deutlich wird, dass die Feier des Sakraments sich nur aus der Perspektive des Glaubens heraus erschließt. Ein Sakrament zeichnet sich durch 3 Dinge aus:

  1. Die Handlung geht auf Jesus selbst zurück.Jesus hat das Abendmahl gefeiertund hat Brot und Wein durch seine Wortegedeutet (siehe EinsetzungsworteMt.26,26-29 und 1.Kor.11,22-25).
  2. Umein Sakrament zu feiern, braucht es aber nicht nur ein Wort aus der Bibel, sondern auch ein „Element“. Beim Abendmahl sind das Brot und Wein.
  3. Der Glaube des Menschen ist nötig um ein Sakrament zu feiern. Erst wenn Brot und Wein durch Jesu Worte besonders gedeutet werden und die Menschen Brot und Wein im Glauben an Jesus Christus gemeinsam essen, wird aus dem Teilen von Brot und Wein eine sakramentale Handlung. Wie die Beteiligten diese Handlung dann in ihrem Herzen und mit ihrem Verstand deuten, kann verschieden sein. 

Die Hauptunterschiede im Abendmahlsverständnis der Konfessionen liegen vor allem in der Frage, in welcher Weise Jesus beim Abendmahl anwesend ist. Jesus sagte ja zu seinen Jüngern: Das ist mein Leib... das ist mein Blut.
Knapp zusammengefasst heißt das bei den Konfessionen: Die katholische Lehre sagt nun, dass sich in der Feier der Eucharistie/Abendmahlsfeier Brot und Wein tatsächlich in Leib und Blut Jesu Christi verwandeln. Er ist also leiblich anwesend. Die Elemente sind nicht mehr die, die sie vorher waren, sondern durch Worte Jesu in ein „Neues“ verwandelt (wahrhafte Wandlung). Brot und Wein fallen nicht mehr in den ursprünglichen Zustand zurück. Dieses Verständnis setzt allerdings voraus, dass Jesus zugleich wahrhaft Mensch und Gott ist und dass er im eucharistischen Geschehen tatsächlich gegenwärtig ist. Dass sich dieses Geschehen einer rationalen Erklärbarkeit entzieht, versteht sich von selbst, wenn der Priester nach der Wandlung die Worte spricht: Das ist ein Geheimnis des Glaubens.
Luther selbst hat sich dieser Lehre sehr angenähert; auch er spricht von der Realpräsenz Christi im Abendmahl. Er spricht davon, dass „in, mit und unter dem Brot und Wein der wahre Leib Christi“ gegenwärtig ist, ausgeteilt und empfangen wird. Allerdings werden Brot und Wein durch den Pastor/die Pastorin zu einem einheitlichen Sakrament also zu einem besonderen Zeichen, das den Glauben stärkt. Eine Wandlung geschieht nicht.
Der reformierte Zwingli wendet sich gegen beide Erklärungen. Er sagt: Der Leib Christi ist gar nicht beim Abendmahl in der Oblate/dem Brot gegenwärtig, denn er sitzt im Himmel zur Rechten Gottes. Jesu Satz „Das ist mein Leib“ müsse also bildlich verstanden werden in dem Sinne von: Dieses Brot deutet auf meinen Leib hin. Brot und Wein sind lediglich Zeichen. In der Feier des Abendmahles ist der Geist Gottes dabei, weil man gemeinsam Brot und Wein teilt im Gedächtnis an Jesus. Calvin betonte im Gegensatz zu Zwingli, dass Brot und Wein Gnadengaben sind.
Bei allen Unterschieden bedeutet das Abendmahl für mich: Befreiung zum Leben und Vergebung der Sünden, Stärkung auf dem Lebensweg, Erfahrung von Gemeinschaft, Vertrauen auf Gottes Verheißungen, Dank für Gottes Schöpfung und Gaben, Hingabe Jesu und Erinnerung an die Gegenwart Jesu mitten unter uns.  
Pastor Uwe Völker                  

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